Die Saale Bulls Halle verloren ihr erstes Heimspiel in der neuen, umgebauten Heimstätte mit 1:3 gegen die Hannover Indians. Doch dieser Samstagabend erzählte zwei Geschichten: eine Sportliche, die etwas wehtat und eine Emotionale, die bleibt.
Ein erstes Bully fürs Geschichtsbuch
17:37 Uhr, Licht runter, Gänsehaut hoch. Im Fanblock hebt sich eine Choreo mit der alten und der neuen Eishalle. Der Sparkassen-Eisdom ist zurück als Zuhause. Dann das erste Anbully, der Puck zum Einwerfen – übergeben an Daniel Mischner durch den gebürtigen Hallenser Bruno Riedl (Dresdner Eislöwen) – symbolischer kann man eine neue Arena aka Ära kaum eröffnen.
Die Partie im Detail:
Unsere Saale Bulls starteten mit hoher Intensität ins erste Drittel – keine Nerven, kein langes Abtasten. Beide Teams schenkten sich ab Sekunde eins nichts.
Die Bulls setzten Hannover früh unter Druck, kamen in der 1. Minute direkt zum ersten Abschluss und fanden immer wieder Wege ins Angriffsdrittel. Besonders auffällig in der Anfangsphase: Tomi Wilenius, der mehrfach in den Slot einlief und später am langen Pfosten nur knapp verpasste.
Die erste Überzahl für Halle gab es früh (3.), das Powerplay lief strukturiert, man ließ den Puck laufen und Robin Palka prüfte Timo Herden aus dem Bullykreis heraus (4.). Aber Herden machte mit starken Saves von Anfang an klar, dass es (an diesem besonderen Tag, in diesem besonderen Spiel) mit ihm im Tor kein Spaziergang werden würde.
Nach Ablauf der Strafe startete Hannover sofort einen gefährlichen Konter, aber auch Daniel Allavena war da und hielt seinen Kasten sauber.
Ab der Mitte des Drittels wurde das Spiel bissiger, blieb aber fair. Beide Seiten gingen konsequent in die Zweikämpfe, blockten Wege zu, nahmen Tempo raus, wenn’s nötig war.
Kurz vor der Pause musste Robert Hechtl wegen Behinderung in die Kühlbox. Die Indians kamen schnell ich PP-Aufstellung und zielten Richtung Tor ab. Doch Allavena reagierte auf den abgefälschten Schuss sehr stark und hielt das 0:0 bis zur ersten Pause.
Im zweiten Drittel kippte das Spiel zugunsten der Gäste.
Zu Beginn des Mittelabschnitts lief noch das Rest-Powerplay der Indians, aber Halle überstand auch diese Unterzahl souverän. Trotzdem – die Statik hatte sich geändert: Hannover gewann jetzt mehr zweite Pucks und begann, längere Phasen im Hallenser Drittel zu verbringen.
Halle holte sich dann selbst wieder ein Powerplay: B. Jerry muss nach Crosscheck in der 24. Spielminute runter. Die Bulls – sofort in Aufstellung – ließen das Powerplay geduldig laufen, Erik Gollenbeck zieht von der Blauen ab, aber wieder ist ein Schläger dazwischen, wieder ist Herden zur Stelle. Statt der erhofften Führung folgte eine Szene, die später wehtun wird:
Tomi Wilenius kassierte in der 15. Minute eine Strafe wegen Stockschlag, sodass es zunächste im 4 gegen 4 weiterging – viel Platz auf dem Eis, riesiges Tempo. Kurz darauf sind die Indians wieder komplett und kamen ihrerseits schnell in die Formation. Ein Schuss von der Blauen rutscht an Allavena vorbei – 0:1 durch Émil Lessard Aydin in der 26. Minute.
Das Gegentor setzte einen Nerv frei bei Hannover. Die Indians spielten jetzt noch direkter, gleichzeitig häuften sich Strafen und Nickligkeiten. Vor dem Tor von Herden flogen Menschen und Emotionen: Herden ließ einen Rebound nach oben springen, Alex Berger ging nach, wurde von einem Indianer in den Goalie gedrückt. Bestraft wird Sergej Stas, der nach Ansicht der Hauptschiedsrichter einem seiner Gegenspieler zu nah gekommen sei (unkorrekter Körperangriff, 8.), erneute Überzahl für Hannover. Als kurz darauf auch noch Erik Gollenbeck in die Kühlbox musste, wurde es richtig gefährlich. Und die Gäste nutzten ihr 5-gegen-3-PP: Die Indians spielten geduldig an die Torlinie, dann wieder hoch in den Bullykreis, Abschluss, drin: 0:2 durch Ryker Killins in der 30. Spielminute – der Knackpunkt in dieser Partie, Hannover hatte jetzt Oberwasser. Die Pässe der Bulls fanden nicht mehr ihr Ziel, die Gäste aus Hannover mit mehr Zugriff auf das Spiel. Halle versuchte, mit Tempo zurückzukommen, doch man lief immer wieder in die gut gestaffelte neutrale Zone der Gäste.
Im weiteren Verlauf hagelte es Strafen auf beiden Seiten, inklusive 4-gegen-4-Phasen, kurzen Powerplays, kurzen Unterzahlen – es wurde ein „Hochfrequenz“-Drittel. Aber der Anschluss für die Hausherren sollte nicht mehr fallen.
Im letzten Drittel ließen die Bulls ihre Chancen liegen und taten sich schwer, das Spiel doch noch zu drehen.
Beim Stand von 0:2 mussten die Bulls den letzten Abschnitt zunächst in Unterzahl beginnen, welche sie unbeschadet überstanden. Dann die Chance zur Wende: kurz hintereinander (2., 4.) zwei Strafen gegen Hannover, die Bulls bekamen minutenlang Überzahl. Man sah in dieser Phase sehr klar, was Halle wollte: Puckkontrolle, Ruhe, Powerplay-Setup, gute Schusspositionen. Man sah aber auch, was Hannover gut machte: extrem aggressives Penalty Killing, schneller Druck auf die Scheibe, kaum Zeit an der Blauen. Robert Hechtl und Jesper Åkerman kamen zwar zu einem guten Abschluss, aber die Scheibe wollte einfach nicht den Weg ins Tor finden.
Kaum war Hannover wieder komplett, kippte das Momentum noch einmal – diesmal endgültig zugunsten von Hannover. Die Indians hatten das Spiel unter Kontrolle, nahmen das Tempo raus, wann sie wollten, und wenn sie es wieder anzogen, wurden sie brandgefährlich. In der 50. Spielminute passierte Letzteres: die Indians fingen einen Aufbaupass der Bulls ab, schalteten schnell um, Konter, Abschluss – 0:3 durch J. Lagacé. Das war der „Todesstoß“, die Körpersprache auf der Hallenser Bank sprach Bände. Doch auch jetzt wollten sie nicht aufgeben und es passierte etwas, was bei diesem Spielstand auch nicht selbstverständlich ist:
Bei nur noch knapp einer Minute auf der Uhr nimmt Headcoach Marco Raita das Timeout, Daniel Allavena ging vom Eis, ein Extra-Angreifer kam dazu. Sechs Mann, alles nach vorn, keine Sicherheit mehr, nur noch Wille. Man spürte richtig, wie das Ding „Wir holen uns wenigstens den Ehrentreffer“ jetzt zur Mannschaftsaufgabe wurde. Und sie wurden für diesen Mut belohnt. Eine halbe Minute vor der Schlusssirena übernahm Tomi Wilenius die Scheibe an der eigenen Blauen, ging mit hohem Tempo tief, trug die Scheibe bis fast auf die Torlinie durch, zog eng zum kurzen Pfosten – und die Scheibe schlägt ein. Das erlösende erste Heimspieltor in der neuen Arena konnte bejubelt werden, Sekunden später ist Schluss.
Fazit: Hannover war eiskalt, besonders im Mittelabschnitt und im Umschaltspiel. Die Indians nutzten ihre Powerplays und arbeiteten defensiv brutal effizient. Halle zeigte Herz, vor allem in Unterzahl, im Forecheck der frühen Phase, und am Ende, als andere Teams den Goalie vielleicht draufgelassen hätten, um das Ergebnis einfach nach Hause zu bringen. Daniel Allavena (Halle) hielt die Mannschaft lange im Spiel, gerade in kritischen Momenten der ersten 30 Minuten. Timo Herden (Hannover) war ein Puzzle, an dem die Bulls bis zur letzten Minute zu kauen hatten.
Die Indians haben heute durchaus verdient gewonnen – unser erster und einziger Treffer, erzielt durch Tomi Wilenius, fiel einfach zu spät.
Doch auch wir sind Gewinner, denn wir sind zurück in unserem Wohnzimmer, wodurch das Ergebnis dieser Partie dann doch etwas in den Hintergrund rückt. (FE)
♦ Träger des goldenen Helms: #20 Adam Domogalla
Torschützen:
0:1 Émil Lessard Aydin – 26. (PP1)
0:2 Ryker Killins – 30. (PP2)
0:3 Jacob Lagacé – 50.
1:3 Tomi Wilenius – 60.
Tore: 1:3 (0:0/0:2/1:1)
Mit: HWGmbH