mz-web.de: Saale Bulls – Kraftpaket Jonas Gerstung gibt Vollgas

 

Von Fabian Wölfling

Halle (Saale) – Plötzlich geht der Motor aus. Die Tankladung ist zu knapp bemessen, antriebslos rollt der Bus auf der Autobahn kurz vor Berlin aus. Ein Job für den Pannendienst. Normalerweise.

Nicht aber in diesem Fall. Hier machen sich die Insassen ans Werk. „Wir waren auf dem Rückweg von einem Auswärtsspiel und haben spontan gesagt, dass wir das Ding zur nächsten Tankstelle schieben“, erinnert sich Jonas Gerstung an diesen Zwischenfall.

Vor gut zehn Jahren war das, Gerstung spielte damals als Nachwuchsspieler für Eishockey-Erstligist Eisbären Berlin. Und schon damals demonstrierte der heute 25-Jährige seine Kraft und Ausdauer. „Wir haben den Bus bis zur nächsten Ausfahrt geschoben, von da konnte er zu einer nahe gelegenen Tankstelle rollen.“

Schwerstarbeit für die Verteidiger der Saale Bulls

In diesen Wochen muss der 1,90 Meter große und 95 Kilogramm schwere Gerstung seine Kraft und Ausdauer wieder unter Beweis stellen. Die angespannte Personalsituation bei den Saale Bulls verlangt dem Zugang alles ab. Weil noch immer kein adäquater Ersatz für den verletzen Kapitän Kai Schmitz gefunden ist, müssen die Abwehrspieler des halleschen Eishockey-Oberligisten seit Wochen Schwerstarbeit verrichten. Manchmal stehen nur vier Verteidiger im Aufgebot, an besseren Tagen sind es fünf.

Auch am Freitagabend im Heimspiel gegen Preußen Berlin wird das wieder so sein. „Das merkst du schon“, sagt Gerstung. „Wenn du drei Reihen hast, kannst du bei jedem Wechsel Vollgas geben. Wir werden mehr belastet und müssen unsere Energie in den Spielen dosieren. “ Wohl auch deshalb ist die Verteidigung der Bulls noch nicht auf dem hohen Niveau des Vorjahres.

Am Wochenende kommt den viel geforderten Verteidigern nun aber der Spielplan entgegen. Sonntag haben die Bulls frei. „Daher geben wir gegen Berlin Vollgas“, kündigt Gerstung an. Gutes Timing: „Auf die Derbys gegen die Preußen habe ich mich früher immer besonders gefreut.“

Jonas Gerstung: Erste Schritte bei den Eisbären Berlin

Gerstung ist ein Berliner Kind, hat mit sechs Jahren bei den Eisbären mit Eishockey angefangen. „Mein Onkel ist damals zu jedem Eisbären-Spiel gegangen. Irgendwann hat er gesagt, dass ich doch auch eine Statur hätte, um Eishockey zu spielen“, erzählt er.

Steppke Jonas versuchte sich tatsächlich im Kufen-Sport und erlebte prompt eine Enttäuschung. „Beim Probetraining konnte ich noch nicht richtig Schlittschuhlaufen“, erinnert er sich. Also sagten die Eisbären ab. Aber Gerstung gab nicht auf. „Meine Eltern sind mit mir zum öffentlichen Eislaufen gegangen, da habe ich die Grundlagen gelernt.“ Das zahlte sich aus. Die Eisbären nahmen ihn nach einigen Wochen doch noch auf. Und Gerstung reifte in den folgenden Jahren zum Profi.

Bei Fass Berlin absolvierte er seine ersten Partien im Männerbereich. Später folgten in Weißwasser, Bad Nauheim und Bayreuth 273 Zweitligaspiele. „Die Zeit in Bad Nauheim war spielerisch die schönste. Da bin ich in der ersten Reihe aufgelaufen, habe immer mit einem Ausländer gespielt und so viel gelernt.“

In Bayreuth erlebte er dagegen zuletzt ein chaotisches Jahr. „Teilweise sind wir nur mit elf Spielern zu Auswärtspartien gefahren“, sagt Gerstung. Der Abstieg aus Liga zwei war so unvermeidlich. „Da habe ich auch mal die Freude am Sport verloren.“

In Halle sucht Gerstung nun einen Neuanfang, ließ dafür auch seine Verlobte Marie zurück. „Sie arbeitet in Bayreuth, kommt aber immer an den Wochenende nach Halle.“ Derweil leistet ihm Bruno Gesellschaft. Mit der deutschen Dogge geht es täglich raus an die Saale. Das hilft Gerstung, um den Kopf freizubekommen.

Jonas Gerstung: Erstes Tor in Herne

Was nach dem durchwachsenen Saisonstart durchaus nötig war. Nicht nur die Bulls als Ganzes, auch Gerstung selbst wurde seinem Anspruch bisher noch nicht gerecht. „Ich will zu den Top-Verteidigern gehören. Dazu gehört auch ein offensiver Beitrag. Das lief bisher noch nicht so.“

Immerhin erzielte er am vergangenen Wochenende beim 5:2 in Herne sein erstes Tor, ließ beim Derby-Sieg gegen Leipzig eine Vorlage folgen. Der zarte Aufschwung soll sich nun gegen Berlin unbedingt fortsetzen. „Das Spiel müssen wir gewinnen“, betont Gerstung.

››Anbully gegen die Preußen am Freitag um 20 Uhr im Sparkassen Eisdom. (mz, 19.10.2018)

 

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