mz-web.de: Saale-Bulls-Kapitän ist zurück – Kai Schmitz geht beim Comeback volles Risiko

Von Petra Szag

Halle (Saale) – Er humpelt noch immer. Wenn Kai Schmitz morgens aufsteht, so erzählt er, dann fehlt ihm der Schwung und die Leichtigkeit. Sein rechtes Bein fühlt sich an, als sei es aus Holz. Wobei der Vergleich ein bisschen hinkt, denn Holzbeine tun ja an sich nicht weh. Doch Kai Schmitz hat Schmerzen. Erst, wenn er in die Gänge gekommen ist, nach einer Gassi-Runde mit seinem American Bully, wird es besser.

„Kein Scherz“, sagt der 33-Jährige und muss dabei doch über sich selbst lachen, „wenn ich Schlittschuhe anhabe, fühle ich mich sicher.“ Joggen? Nein! Eislaufen? Ja! Eis ist eben doch sein Element. Der Sport darauf seine große Leidenschaft – daran hat auch der Achillessehnenriss nichts ändern können.

Die schwere Verletzung im rechten Bein hat er sich fast auf den Tag genau vor einem halben Jahr zugezogen. An einem Freitag, dem 13., ist ihm das folgenreiche Malheur passiert. Der Eishockey-Profi steckte da mitten in der Vorbereitung auf die Oberliga-Saison seiner Saale Bulls.

Ein ganz normaler Sprint war dem durchtrainierten Athleten zum Verhängnis geworden. Und weil Kai Schmitz meint, dass die Zwangspause nun reicht, geht er am Wochenende wieder berufsmäßig aufs Eis. „Das Derby am Sonntag gegen Leipzig bietet den perfekten Rahmen“, findet er. Duelle mit dem Rivalen aus Sachsen in einem brodelnden Eisdom machen besonders viel Spaß.

Kai Schmitz muss am Freitag gegen Herne gleich voll ran

Das Auswärtsspiel am Freitag in Herne wollte Schmitz ursprünglich als sanften Einstieg nutzen – auch wenn die Worte sanft und Schmitz so gar nicht zusammenpassen wollen. Doch weil sich Verteidiger Jonas Gerstung krank abgemeldet hat, fällt die „Einarbeitungszeit“ aus, gibt Schmitz von der ersten Minute an wieder Vollgas. Bangemachen gilt nicht.

„Es war meine Entscheidung“, sagt der Sportler, wohl wissend um das Risiko, das er eingeht. Für einen Großteil der Sportler bedeutet ein Achillessehnenriss das Karriereende. Schmitz weiß das. Er hat sich belesen, als er im Krankenbett Zeit totschlagen musste. Und sein Arzt, sagt Schmitz, habe ihn gewarnt, dass die Achillessehne wieder reißen könne. Aber das gilt für jetzt genauso wie für einen späteren Zeitpunkt.

Schmitz ist klar, dass ihm so viel Zeit nicht mehr bleibt, um seine Leidenschaft als Aktiver auszuleben. „Mir 25 wäre ich wahrscheinlich nicht so schnell zurückgekommen, um meine weitere Zukunft nicht zu gefährden.“ Doch das Ende seiner Spielerzeit ist absehbar.

Saale Bulls: Kapitän Schmitz hängt noch eine Saison dran

Ursprünglich sollte nach dieser Saison Schluss sein. Der Routinier und die Vereinsleitung sind sich nun aber einig: Halles Nummer 91 hängt noch ein Jahr dran. „Vorausgesetzt, alles geht gut.“ Heißt: Der Körper spielt mit, „und ich kann den Jungs helfen“. Sein Ego will er auf keinen Fall über die Mannschaft stellen.

Das mit Schmitz’ Verletzung hat sich rumgesprochen, natürlich. Das weiß der Mann, der – mit kurzer Unterbrechung – seit 2005 das Gesicht des halleschen Eishockeys ist. Angst, dass einer der Gegner seine vermeintliche Schwachstelle ausnutzen und damit womöglich einen neuerlichen Ausfall befeuern kann, hat er nicht.

„Das“, sagt Schmitz im Brustton der Überzeugung, „wird nicht passieren.“ Man könnte auch sagen: Das wird sich keiner trauen. Schmitz wäre da nachtragend. Schließlich gilt er als Bad Boy des Oberliga-Eishockeys. Das Image des Raubeins hat er sich Jahr für Jahr als Strafminuten-Spitzenreiter hart erarbeitet.

Seinen Spezialschuh hätte Kai Schmitz am liebsten verbrannt

Doch auch ohne Fremdeinwirkung kann man sich verletzen, wie Schmitz nun weiß. Steckt er deshalb den Spezialschuh, den er nach OP und Reha tragen musste, vorsichtshalber mit in die Sporttasche? „Den habe ich längst entsorgt“, entgegnet Schmitz.

Und in einem Tonfall, der seine Abneigung gegen das medizinische Hilfsmittel zeigt, fügt er an: „Am liebsten hätte ich das Ding verbrannt.“ Die Aktion hat er sich dann doch verkniffen. Auch wenn sie gut gewesen wäre fürs Gemüt.

Kai Schmitz, das spürt man, braucht das Eishockey. Und Halles Eishockey braucht Kai Schmitz. „Er ist sehr wichtig für uns“, bestätigt Trainer Dave Rich in Anspielung auf Schmitz’ Erfahrung und seine Fähigkeiten. Auch mental kommt dem Leader eine wichtige Rolle zu. „Er ist ein Impuls für unser Spiel“, sagt der Coach. Und: „Kai will immer gewinnen, so einen brauchst du in deinem Team. “

Perspektive: sportlicher Leiter bei den Saale Bulls

Die enge Verbundenheit des Kapitäns mit seinen Männern hat sich auch während der Krankschreibung nicht gelockert. Schmitz war immer nah dran an der Truppe. Hat bei fast jedem Spiel auf der Bank gesessen und war in den Pausen als Motivator mit in der Kabine.

Nach Physiotherapie und Körperertüchtigung unterstützte er ebenfalls seinen Verein. Er nutzte Verbindungen und holte Verstärkungen mit ran. „Ich habe mir ein Netzwerk aufgebaut“, bestätigt der Profi mit einer abgeschlossenen Sportmanagement-Ausbildung.

Räumt er irgendwann tatsächlich einmal bei den Saale Bulls seinen Spind, will er diese Passion zu seinem Beruf machen und sportlicher Leiter werden. In Halle natürlich. Der Stadt, in der er sich so wohlfühlt, dass er nun sogar seine Eltern aus Köln herholt. (mz, 11.01.2019)

 

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